Effizienzhaus 40, Solarpflicht und kostenlose Sanierungsfahrpläne

Energieeffizienz |

Koalitionsvertrag sieht zahlreiche Neuerungen im Gebäudebereich vor

Am 25.11.2021 haben SPD, Grüne und FDP den gemeinsamen Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode bis 2025 vorgelegt, der nun noch von den jeweiligen Parteien bestätigt werden muss. Im Koalitionsvertrag wird ein ganzes Bündel von Maßnahmen Punkte beschrieben, die den Gebäudebereich direkt betreffen. 

Die Koalitionäre möchten eine "wirtschaftlich effiziente und sozialverträgliche Umsetzung der Klimaschutzziele" im Gebäudebereich sicherstellen, die sich insbesondere an der eingesparten Tonne CO2 orientiert. Dazu setzt man auf "passgenaue und technologieoffene Maßnahmen aus Optimierung der Gebäudehülle, der technischen Anlagen zur Erzeugung und Versorgung mit erneuerbarer Energie am Gebäude und Quartierslösungen." Die Förderprogramme sollen den Zielen und Bedarfen entsprechend weiterentwickeln und umgeschichtet werden.

Wir haben die wichtigsten Neuerungen für Sie zusammengefasst:

Änderung des Gebäudeenergiegesetzes
Die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes sollen verschärft werden, um den Klimaschutz im Gebäudebereich voranzubringen:

  • Ab dem 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden.
  • Zum 1. Januar 2024 sollen die Anforderungen für wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden so angepasst werden, dass die auszutauschenden Teile dem Effizienzhaus 70 entsprechen.
  • Ab dem 1. Januar 2025 soll der bisherige Förderstandard Effizienzhaus/-gebäude 40 zum verpflichtenden Neubau-Standard werden. Nach dem bisherigen Haushaltsrecht könnte dieser Standard dann nicht mehr in der BEG gefördert werden.
  • Der Quartiersansatz und die Innovationsklausel (Bilanzierung auf Basis der THG-Emissionen) sollen fortgeschrieben werden.

Solarpflicht für gewerbliche Neubauten
Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden. Zudem sollen bürokratische Hürden abgebaut und Wege eröffnet werden, um private Bauherren finanziell und administrativ nicht zu überfordern.

Energetische Sanierung
Die Koalition strebt eine "breite, systematische Nutzung von Sanierungsfahrplänen" an und möchte diese z.B. für Wohnungseigentumsgemeinschaften und beim Kauf eines Gebäudes kostenlos machen.
Das Förderprogramm für Serielles Sanieren soll fortgeführt und innerhalb der BEG ausgeweitet werden. Im Rahmen des Forschungsprogramms „Zukunft Bau“ soll serielles und modulares Bauen und Sanieren z.B. nach dem niederländischen Energiesprong-Prinzip weiterentwickelt werden. Bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Hürden sollen identifizieren und beseitigt werden.

Sanierungspflicht aus Brüssel
Die Ampel-Koalition unterstützt in den Verhandlungen über das EU-Programm „Fit for 55“ die Vorschläge der EU-Kommission im Gebäudesektor. Der dazu gehörende Entwurf der neuen EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) wurde Mitte Dezember veröffentlicht und sieht u.a. Mindestenergiestandards für bestehende Gebäude vor.

Energieausweise
Der Gebäudeenergieausweis soll verbessert, vereinheitlicht und digitalisiert werden. Zudem soll die Erstellung eines digitalen Gebäudeenergiekatasters geprüft werden.

Neuerungen bei der Förderung
Im Rahmen des Klimaschutzsofortprogramms soll schon 2022 nach dem Auslaufen der Neubauförderung für den Effizienzhausstandard 55 ein neues Förderprogramm für den Wohnungsneubau eingeführt werden, das insbesondere die Treibhausgas-Emissionen pro m² Wohnfläche fokussiert.
Zudem soll der Einsatz für altersgerechtes Wohnen und Barriereabbau verstärkt und die Mittel für das KfW-Programm auskömmlich aufgestockt werden.

Nachhaltiges Bauen
Die Ampel-Koalition möchte die Grundlagen schaffen, den Einsatz grauer Energie sowie die Lebenszykluskosten verstärkt betrachten zu können. Dazu soll unter anderem ein digitaler Gebäuderessourcenpass eingeführt werden. Außerdem will man eine nationale Holzbau-, Leichtbau- und Rohstoffsicherungsstrategie auflegen.

Umlage des CO2-Preises und Teilwarmmiete
Um eine faire Teilung des CO2-Preises zwischen Mietern und Vermietern zu erreichen soll schon zum 1. Juni 2022 ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen eingeführt werden, das die Umlage des CO2-Preises nach BEHG regelt. Sollte dies zeitlich nicht gelingen, sollen die erhöhten Kosten durch den CO2-Preis ab dem 1. Juni 2022 hälftig zwischen Mietern und Vermieter geteilt werden.
Um das Mieter-Vermieter-Dilemma zu überwinden, soll ein schneller Umstieg auf die Teilwarmmiete geprüft werden. Die Modernisierungsumlage für energetische Maßnahmen soll in diesem System aufgehen. Die Mietpreisbremse soll verlängert und verschärft werden.

Bauen und Wohnen
Die Ampel-Koalition möchte das Bauen und Wohnen der Zukunft "bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm, innovativ und mit lebendigen öffentlichen Räumen gestalten". Dafür sollen 400.000 neue Wohnungen pro Jahr gebaut werden, ein Viertel davon als öffentlich geförderte Wohnungen. Die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau inklusive sozialer Eigenheimförderung soll fortgeführt und die Mittel erhöht werden.
Es soll ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteuren geschlossen und Arbeit der Baukostensenkungskommission fortgesetzt werden. Die lineare Abschreibung für den Neubau von Wohnungen soll von zwei auf drei Prozent angehoben werden, um eine "klimagerechte Neubauoffensive" zu starten.

EEG-Umlage und CO2-Preis
Zum 1. Januar 2023 soll die Finanzierung der EEG-Umlage nicht mehr über den Strompreis, sondern über den Haushalt erfolgen - unter anderem mit den Einnahmen aus dem CO2-Preis. Dadurch dürfte der Strom für Endverbraucher günstiger und der Einsatz von Wärmepumpen wirtschaftlicher werden.

Eigenständiges Bauministerium
Nachdem die Zuständigkeit für das Bauen 2018 vom Umweltministerium zum Innenministerium gewechselt war, soll es mit der neuen Koalition wieder ein eigenständiges Bauministerium geben, das bei der SPD liegt.

Wärmeplanung und Wärmenetze
Die neue Regierung will sich "für eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung und den Ausbau der Wärmenetze" einsetzen. Dabei wird ein sehr hoher Anteil Erneuerbarer Energien bei der Wärme angestrebt, bis 2030 sollen 50 Prozent der Wärme klimaneutral erzeugt werden.
 

Den kompletten Text des Koalitionsvertrages können Sie hier herunterladen:
Koalitionsvertrag 2021-2025 zwischen SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP (pdf, 1,2 Mb)


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