Ausgabe 04/19

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Klimapaket: durchgefallen, EDL-G: durch Bundesrat, Rechentools: durchgängig gut

Ausgabe 4/19 vom 24. September 2019


Liebe Leserinnen und Leser,
 
die Homöopathie ist ein Konzept, von dem die einen sagen „es hilft“ und bei dem Wissenschaftler hinzufügen „man muss aber daran glauben“. Vor diesem Hintergrund steckt vielleicht doch ein wenig Hoffnung in dem, was die Regierung als ihr „Klimaschutzprogramm 2030“ vereinbart hat. Dem wohl bekanntesten Klimaexperten, Mojib Latif, amtierender Präsident des Club of Rome, reichten genau zwei Worte, um das Maßnahmenpaket in einem WDR-Interview zu kommentieren: „Einfach lächerlich“, so seine Meinung. Die stützte sich vor allem auf die vorgesehene CO2-Bepreisung, die laut Latif in einer nur „homöopathischen Dosis“ erfolgt sei.
Auf 180 Euro beziffern Klimaexperten die Folgeschäden, die eine Tonne des Treibhausgases verursacht. Für eine Lenkungswirkung hatten die Forscher des PIK einen Einstiegspreis von 50 Euro je Tonne vorgeschlagen - laut Bundesregierung starten wir stattdessen mit 10 Euro. Kein Wunder, dass nicht nur das Gros der Demonstranten des 20. September, sondern auch nahezu die gesamte Fachwelt mit Enttäuschung, Verärgerung oder Häme auf das Klimapaket reagierte.
Vielleicht nimmt die Politik an, auch mit kleinen, die Wähler nicht verschreckenden Schritten ließe sich das Klima heilen. Und dass man eben nur daran glauben muss. Aber die meisten Forscher glauben eher den Messwerten und Berechnungen - und die sehen nicht gut aus. Bis zur nächsten regulären Bundestagswahl sind es noch ziemlich genau zwei Jahre, das sind umgerechnet 104 Fridays - und ebenso viele Gelegenheiten, doch noch einen adäquaten Einstieg in die CO2-Bepreisung zu finden. In diesem Sinne grüßt
 
Ihr Manfred Rauschen
Geschäftsführender Gesellschafter

 

 
Was steht drin im Klimaschutz-Paket? Übersicht zu Bau-Themen erleichtert die Bewertung
Noch halb voll oder schon halb leer? Eine Frage der Perspektive – und eine, die sich nicht nur bei Gläsern prima diskutieren lässt. Jüngstes Beispiel ist das Klimaschutzpaket der Bundesregierung: Auch hier sagen die einen so, die anderen so. Eher zur Halbvoll-Fraktion gehört beispielsweise der Dachverband GIH, die Interessenvertretung für Energieberater: „Ein wichtiger Schritt nach vorn“ betitelt der GIH seine Pressemitteilung und fasst damit die Verbandsmeinung zusammen.
Das kann man so sehen, schließlich sollen Förderungen ausgebaut und Energieberatungen teils verpflichtend werden. Das Gros der Bewertungen (auch unsere eigene) ist aber negativer, siehe die Zitate in dem lesenswerten „Spiegel“-Bericht zum Thema. Und was ist Ihre Meinung? Damit Sie sich nicht durch einen Wust von Papier arbeiten müssen, haben wir auch diesmal wieder die relevanten Punkte für den Baubereich als Service zusammengefasst.

 
Berechnende Produktpremieren: zwei Bewertungstools neu oder wieder verfügbar
Rechen- und Bewertungstools werden von Bauakteuren als Hilfsmittel gern angenommen - zumal, wenn diese von „offizieller Seite“ entwickelt wurden, also aktuell sind und alle Anforderungen erfüllen. Sehr zu begrüßen ist daher, dass es seit Monatsbeginn ein neues, kostenloses Bewertungstool für komplexe Klima- und Lüftungsanlagen in Nichtwohngebäuden gibt.
Der von der Bundesstelle für Energieeffizienz im BAFA programmierte „Effizienzrechner Klima-Lüftung“ ist gedacht für Inspektoren, Energieberater und technisch versierte Betreiber großer Klima- und Lüftungsanlagen. Mit der Software können komplexe Klima- und Lüftungsanlagen in Nichtwohngebäuden, z.B. in Krankenhäusern oder Bürogebäuden, energetisch bewertet werden. Die Ergebnisse werden in Form eines Energieeffizienzlabels angezeigt und anhand der üblichen Effizienzklassen A bis G dargestellt, um einen Vergleich von Anlagen und Technologien zu ermöglichen.
Damit nicht genug: Noch ein weiteres kostenloses Bewertungstool ist im September online gegangen - genauer gesagt: wieder online gegangen. Mit dem bekannten „Wirtschaftlichkeitstool“ der dena lassen sich die Kosten für energetische Sanierungen und Effizienzsteigerungen darstellen. Als Clou lässt sich eine mögliche Förderung buchstäblich schon einkalkulieren.
 

Frei lesbar: Fachartikel zum Keller-Klima und zu einer Leistungsphase Null
Eine Ära geht zu Ende: Nach über 20 Jahren als Fachleiter des Öko-Zentrums NRW widmet sich unser Kollege Jürgen Veit einer neuen Lebensphase, die man allgemein „wohlverdienter Ruhestand“ nennt. Bevor er sich verabschiedet, gibt es aber noch mal gebündeltes Fachwissen von dem Mann, der aus der Bauphysik kam und die Nachhaltigkeit wohl auch deshalb als eine buchstäblich berechenbare Sache ansah.
Die beiden jüngsten Artikel, die er für die Fachzeitschrift „Gebäudeenergieberater“ verfasst hat, sind online frei verfügbar (danke dafür an den Verlag). Der erste, überschrieben „Im Sommer bleibt der Keller kalt“, widmet sich der Frage, ob die komplexen klimatischen Zusammenhänge im „Untergeschoss“ des Gebäudes nicht ein durchdachtes Lüftungskonzept oder gar Raumklimakonzept erfordern. Der zweite, „Einschulung mit Nullrunde“, ist ein Plädoyer für eine koordinierte „Leistungsphase Null“, insbesondere bei Schulbauten. Denn zunehmend komme der Energieberatung auch die Funktion einer Bedarfsplanung zu.
So viel Persönliches darf an dieser Stelle sein: Jürgen, wir werden Dich vermissen. Und wir hoffen, dass auch bei Dir frei nach Trude Herr gilt: „Niemals geht man so ganz“.
 
 
Kein Einspruch gegen Neuregelungen zur Auditpflicht: EDL-G erhält Votum des Bundesrates
Im Energiesektor passiert was – nämlich das EDL-G den Bundesrat. Am letzten Freitag, an dem bundesweit viele Menschen für mehr Klimaschutz auf die Straße gingen – und daher von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt –, hat der Bundesrat das Energiedienstleistungsgesetz, kurz EDL-G, beschlossen. Dieses kann somit nun in Kraft treten, was vermutlich schon in Kürze – eventuell noch im Oktober – der Fall sein wird.
Was es mit der Novelle auf sich hat, haben wir bereits in Newsletter 1/2019 berichtet: Große Unternehmen und auch solche mit mehr als einem Viertel kommunaler Beteiligung sind laut diesem Gesetz verpflichtet, ein Energieaudit durchzuführen. Da der Erfüllungszeitpunkt der ersten Audits der 05.12.2015 war und mindestens vier Jahre nach der Erstdurchführung die erste Wiederholung durchzuführen ist, kam das Thema 2019 auf die Tagesordnung - und das EDL-G auf den Prüfstand.
Zu Änderungen an dem vom BMWi erarbeiteten Entwurf kam es im Bundesrat nicht. Das Gesetz greift daher künftig (erst) ab einem Jahresenergieverbrauch von 500.000 kWh. Die Bundesregierung forderte der Bundesrat auf, diese Grenze in vier Jahren zu überprüfen. Das BAFA hat in seinem Leitfaden für die Auditerstellung die Änderungen des EDL-G bereits antizipiert.

 

 


Programm „KommunalerKlimaschutz.NRW“: Alpen freut sich über Förderbescheid
Text MeldungDie Alpen entstanden vor etwa 135 Mio. Jahren und wuchsen seitdem bis auf eine Höhe von 4.810 m empor. Das Alpen entstand erst 1969, als mehrere Orte zu der gleichnamigen Gemeinde zusammengefasst wurden. Aber auch die 25.000-Einwohner-Kommune nahe Wesel kann mit einer Höchstleistung aufwarten: Sie bereitet die energetische Sanierung einer Sekundarschule nebst Turnhalle vor, der in Sachen Klimaschutz eine Vorbildfunktion zukommt. Mit seinem 15-Mio.-Euro-Projekt bewarb sich Alpen beim Förderprogramm „KommunalerKlimaschutz.NRW“, wurde ausgewählt – und konnte nun den Förderbescheid in Empfang nehmen.
In einem großen Bericht hat Rheinische Post die Vorteile des Gebäudes vorgestellt. Unterstützt wurde die Gemeinde Alpen bei ihrem Projekt vom Öko-Zentrum NRW, das die Detailplanung übernahm. Auch für zwei weitere Gewinner, Burbach im Siegerland und den Kreis Lippe, übernahm das Öko-Zentrum NRW Leistungen. Der Projektaufruf „KommunalerKlimaschutz.NRW“ lief zum zweiten Mal. Zusammen haben sich 87 Kommunen beteiligt, 27 Projekte wurden zur Förderung empfohlen. Insgesamt stehen dafür 180 Mio. Euro an Landes- und EU-Mitteln bereit.


Drei Mrd. Euro für 1,8 Mio. Anlagen: „Marktanreizprogramm“ fördert seit 1999 erfolgreich Wärme aus erneuerbaren Energien
Erinnern Sie sich noch an den Start des „Marktanreizprogramms“? Falls ja, dürften Sie bereits zu den „alten Hasen“ gehören: Am 1. September 1999 trat die erste Förderrichtlinie dieses als Anschub für den Einsatz von Wärme aus erneuerbaren Energien gedachten Programms in Kraft. Das kann somit auf stolze 20 Jahre Laufzeit zurückblicken – ein Grund, kurz durchzuatmen und eine Zwischenbilanz zu ziehen.
Das macht das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das bei dem kurz auch MAP genannten Förderprogramm als „ausführendes Organ“ der Bundesregierung fungiert, mit einer Informationsbroschüre. Die gibt es hier zum Herunterladen und beinhaltet beeindruckende Zahlen: Seit 1999 wurden über das MAP mehr als 1,8 Millionen Anlagen mit einem Fördervolumen von rund 3 Milliarden Euro finanziell unterstützt. Nach Schätzungen des BAFA löste diese Summe Investitionen von mehr als 23,7 Milliarden Euro aus. Mit dem MAP gefördert wurden und werden Wärme aus Solarenergie, Biomasse und effizienten Wärmepumpen. Daneben gibt es Zuschüsse für besonders innovative Wärme- und Kälteerzeugung aus erneuerbaren Energien sowie die Optimierung bereits geförderter Anlagen.


dena vergibt Auszeichnungen: Unternehmens-„Leuchttürme“ sollen den Weg weisen
Rund 220 Leuchttürme hat Deutschland zu bieten. Nach dem Willen der Deutschen Energie-Agentur (dena) sollen es noch ein paar mehr werden: Die Einrichtung hat einen entsprechenden Projektaufruf gestartet. Bei der BMWi-geförderten Auszeichnung „Leuchtturm für CO2-Einsparung in der Industrie“ geht es in gewisser Weise ebenfalls darum, Schiffbruch zu vermeiden – nämlich beim Klima und bei Firmen, die noch zu viel Treibhausgase (und damit Geld) aus dem Schornstein pusten.
Die Einladung der dena richtet sich an Unternehmen jeder Größe und Branche, die Maßnahmen für Energieeffizienz oder Klimaschutz planen, sowie an Contractoren. Bedingung für die Teilnahme ist, dass das Vorhaben bis Ende 2021 unter Einsatz von Fördermitteln des Bundes realisiert wird. Im Gegenzug winken den 15 „Preisträgern“ intensive Projektberatung durch die dena und Werbewirkung via Kommunikation der Erfolge zusammen mit Fachverbänden. Was Interessenten wissen müssen, steht hier. Allerdings ist Eile geboten: Die Abgabefrist endet am 30. September.


„BAFA-Energietag“ lockt erneut mit innovativen Lösungen und Best-Practice-Beispielen
Gleich die Premiere 2018 war ein Erfolg. Daher gibt es in diesem Jahr - genauer: am 1. Oktober – erneut einen „BAFA Energietag“. Mit seiner Veranstaltung hat es sich das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zum Ziel gesetzt, über Neuigkeiten aus den von ihm betreuten Förderprogrammen für Industrie, Kommunen, Quartiere und Gebäude zu informieren.
Ein wichtiges Argument für die Fahrt nach Frankfurt/M. ist sicher, mit den BAFA-Mitarbeitern ins direkte Gespräch kommen zu können. Neben dem BAFA selbst sind rund 25 weitere Einrichtungen mit Vorträgen vertreten, darunter auch das Öko-Zentrum NRW. Energieberater und Architekten erhalten für die Teilnahme Fortbildungspunkte. Das Programm des Energietages gibt es hier.


Das ergibt Sinn: Öko-Zentrum NRW sucht Unterstützung für das Planungsteam
Soziologen sind sich einig: Der „Gen Y“, also der Generation der heute etwa 20-bis 40-Jährigen, reicht es nicht, einen Arbeitsplatz zu haben, der „nur“ interessant und adäquat bezahlt ist. Sie erwartet, dass die Tätigkeit zudem sinnstiftend ist. Bitte sehr, da können wir helfen: Klimaschutz hat Sinn und von vier neuen Stellen im Öko-Zentrum NRW ist eine noch zu vergeben: Unser Planungsteam hofft auf Verstärkung durch jemanden mit fachlichen Wurzeln in Architektur oder Bauingenieurwesen. Der Fokus der Stelle liegt auf Planung und Bauleitung.
Sollten Sie Interesse am energieeffizienten und nachhaltigen Bauen haben und gern in unser interdisziplinäres Team einsteigen wollen, ergibt es Sinn, dass Sie sich bewerben. Das gilt natürlich auch für alle, die den Generationen A bis X angehören. Mehr über die Stelle erfahren Sie hier.


Planer bitte zuhören: Der Ton macht nicht nur die Musik, sondern auch das Gebäude
Gute Akustik ist kein „Sahnehäubchen“, das bei Gebäudeplanungen, nachdem alles andere fertig ist, als Bonus noch oben draufkommt. „Sie ist eine verpflichtende und kostensparende Forderung. Warum das in der Praxis nicht immer so verstanden wird, ist den Akustikern ein Rätsel“, sagt der scheidende Fachleiter des Öko-Zentrums NRW, Jürgen Veit (dem dieses Thema immer besonders am Herzen lag). Er verweist auf viele Negativbeispiele – und auf die Tatsache, dass die DIN 18041 eine anerkannte Regel der Technik ist, ihre Nichtbeachtung somit einen Mangel darstellt.
Viele (Innen-)Architektinnen fühlen sich aber durch die nötigen Absorberflächen gestalterisch eingeengt. Dass dem nicht so sein muss, zeigt laut Veit das aktuelle Buch von Tyler Adams: „Sound Materials - a Compendium of Sound Absorbing Materials for Architecture and Design“ (29 Euro). Auf 288 Seiten werden zahlreiche Beispiele vorgestellt mit den verschiedenen Absorberarten und Materialien. „Ein wunderbares Buch. Es lädt dazu ein, mutig mit der Aufgabe raumakustischer Planung als gestalterischem und interdisziplinärem Prozess umzugehen“, so Jürgen Veit.


Termine und Lehrgangsstarts
Erweitern Sie Ihre Kompetenz und damit Ihren Kundenkreis. Auf unserer Internetseite finden Sie eine Übersicht unserer Fernlehrgänge und Online-Seminare.


Hier eine Vorschau auf die nächsten Termine:
seit 13.09.2019  -        Fernlehrgang „gebäudeenergieberater24“
ab 25.10.2019   -        Fernlehrgang „feuchteschimmel24“ (Köln)
21.11.2019        -        Workshop „Lüftung von Schulen und Klassenräumen“
ab 13.12.2019   -        Fernlehrgang „baubiologie24“ (Hamm)
ab 17.01.2020   -        Fernlehrgang “energieplaner24“ (Hamm)
ab 24.01.2020   -        Fernlehrgang „effizienzhausplaner24“
 
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Tagungen und Kongresse:
24.04.2020 – Kommunenveranstaltung 2020

 

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