Projekt des Monats

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Effiziente Sanierungsplanung für Hamburgs öffentliche Gebäude

Gutachten „Standardsetzung für Sanierungen öffentlicher Gebäude“

Bild: © Mediaserver Hamburg / ThisIsJulia Photography https://mediaserver.marketing.hamburg.de/l/6de8f2c628d1a084/

Gemeinsames Ziel mit der Stadt Hamburg

Hamburg hat sich mit der ersten Fortschreibung des Klimaplans 2019 ehrgeizige Ziele gesetzt: Ganze 95 Prozent weniger CO2-Emissionen als 1990 sollen in der Hansestadt im Jahr 2050 entstehen. Damit das gelingt, sollen auch die öffentlichen Gebäude nahezu klimaneutral werden. Gebäudebestand und Neubauten zusammengenommen erreichen laut Plan bis 2050 im Schnitt mindestens den Effizienzgebäudestandard 55, die geplante Fortschreibung des Klimaplans ist voraussichtlich sogar noch ambitionierter. Das Öko-Zentrum NRW hatte den Auftrag, ein Gutachten zu erstellen, um die dafür notwendigen Sanierungen der öffentlichen Gebäude möglichst kosten- und wirkungseffizient durchführen zu können. Das Projekt wurde durch Klimamittel der Freien und Hansestadt Hamburg gefördert.

Erstellung eines Beschleunigungskonzeptes

Dazu wurde eine Treibhausgasbilanz (THG-Bilanz) für ein Portfolio aus über 2.200 Bestandsgebäuden aus dem Portfolio von SBH | Schulbau Hamburg auf der Basis der tatsächlichen Verbräuche für Strom und Wärme von 2017-2019 erstellt und eine systematische Bewertung der Gebäude in Bezug zum Ziel vorgenommen. Dieses liegt bei höchstens 7,5 kg THG-Emissionen (CO2e) je Quadratmeter und Jahr im Gebäudebetrieb. Zur Umsetzung wurde ein Excel-Tool entwickelt, dass es der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) ermöglicht, eine sinnvolle Sanierungsreihenfolge auf Basis einer systematischen Bewertung festzulegen. Mit dem Tool wurden dann automatisierte Steckbriefe mit wesentlichen Sanierungshinweisen für jedes Gebäude erstellt. Weiterhin erfolgte eine Abschätzung der möglichen Treibhausgasreduktion, der erforderlichen Investitionssummen zur Sanierung sowie der erzielbaren Energiekosteneinsparung je nach Gebäudebewertung.

Das Excel-Tool ist erweiterbar gestaltet und kann von der FHH auch in Zukunft dazu genutzt werden, weitere Gebäude in die Sanierungssystematik aufzunehmen. Fehlende Energieverbrauchsdaten können anhand der Flächenaufteilung, der Nutzungsart des Gebäudes und ggf. des Liegenschaftsverbrauchs realitätsnah abgeschätzt werden.

Gebäudebewertung und sinnvolle Sanierungsreihenfolge

Um den Gesamtzustand eines Gebäudes zu ermitteln, wurden einzelne Bewertungsergebnisse mit einer Gewichtung zum Gesamtergebnis zusammengefügt. Folgende Kriterien wurden bewertet:

  • Verbrauch an Heizenergie [kWh/m²a]
  • Erster Gebäudeeindruck [Schulnote]
  • Baujahr des Gebäudes [a]
  • Alter des Wärmeerzeugers [a]
  • Alter der Lüftungsanlage (wenn vorhanden) [a]
  • Art der Wärmeerzeugung anhand des Energieträgers [Note]
  • Treibhausgasemissionen [kg CO2e / m²a]
  • Nutzfläche des Gebäudes [m ²]

Durch die Gesamtergebnisse ergibt sich eine Reihenfolge zur sinnvollen Sanierung der sehr unterschiedlichen Gebäude. Die Sanierung der schlechtesten 20 % des untersuchten Gebäudebestands ist besonders dringend und ermöglicht etwa 38 % der insgesamt möglichen Einsparung an Emissionen. Die Sanierung der bestbewerteten 20 % hingegen führt nur zu 4 % der insgesamt möglichen Einsparung. Die Sanierungsreihenfolge von schlechter zu guter Bewertung führt also dazu, dass Gebäude mit dauerhaft hohen Emissionen früher saniert werden als Gebäude mit geringem THG-Reduktionspotential. Das vermeidet deutlich mehr Emissionen als eine zufällige Reihenfolge.

Kostenermittlung

Um eine grobe Einschätzung des Finanzbedarfs zu ermöglichen, werden Kostenschätzungen mit zwei unterschiedlichen Ansätzen durchgeführt. Im ersten Ansatz werden pauschale Treibhausgasvermeidungskosten angenommen, also ein fester Betrag zur Einsparung einer Tonne Treibhausgas. Hierbei wird zwischen den gesamten Kosten der Maßnahme (Vollkosten) und den Mehrkosten gegenüber dem Status quo unterschieden. Im zweiten Ansatz wird angenommen, dass die Kosten zur Vermeidung der gleichen Menge Treibhausgas in schlecht sanierten Gebäuden deutlich geringer sind als in energetisch bereits gut aufgestellten Gebäuden. Das liegt daran, dass bei einem schlecht sanierten Gebäude viele Emissionen eingespart werden können und der Aufwand dazu vergleichsweise gering ist. In gut sanierten Gebäuden entstehen hingegen kaum Emissionen und die entstehenden Emissionen sind nur schwer einzusparen.

Automatische Sanierungssteckbriefe

Die vorliegenden Daten und die daraus abgeleiteten Bewertungsergebnisse werden in automatisch generierten Gebäudesteckbriefen übersichtlich aufbereitet, um Entscheidungsträgern der Stadt Hamburg einen ersten Gebäudeeindruck auch ohne Ortsbegehung jedes Gebäudes zu ermöglichen. In den Steckbriefen sind Angaben zum Gebäude und den Ergebnissen der Einzelkriterien sowie die Gesamtbewertung enthalten. Außerdem ist dort die Abschätzung der zu erwartenden Vollkosten und Energieeffizienzbedingten Mehrkosten enthalten, sowie insbesondere auch Textbausteine, die den Gebäudezustand in den unterschiedlichen Kriterien beschreiben und einordnen. Dadurch können fundierte Entscheidungen über die Erstellung von detaillierten Sanierungskonzepten und deren inhaltliche Schwerpunkte getroffen werden.

Fazit

Insgesamt lässt sich unsere Studie für die FHH wie folgt zusammenfassen: Zur Sanierung des Gebäudeportfolios ist es wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll, Gebäude so früh wie möglich zu sanieren (entlang der durch das Tool ermittelten Sanierungsreihenfolge). Dadurch kann der Steigerung von Bau- und Energiekosten entgegengewirkt werden. Zudem wird über einen längeren Zeitraum der Treibhausgasausstoß vermieden und absolut eine höhere Einsparung erzielt. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass es von herausragender Bedeutung ist, zu Beginn ausreichende Mittel einzusetzen, um die notwendigen Sanierungsmaßnahmen kurzfristig an einem nennenswerten Teil der Gebäude durchführen zu können. Ein solches systematisches Vorgehen senkt laufende Energiekosten und erhöht so den finanziellen Spielraum für weitere Sanierungen.

 

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